Hintergrund des Forschungsprojektes

Teamleitungen haben in der Kinder- und Jugendhilfe die wichtige und gleichzeitig herausfordernde Aufgabe, ihr Team im Alltag fachlich zu unterstützen und für möglichst reibungslose organisatorische Abläufe zu sorgen. Diese recht allgemeine Beschreibung ist auch schon die einzige Gemeinsamkeit, die vermutlich alle Teamleitungen eint. Denn schaut man sich die Aufgaben, Kompetenzen sowie Rahmenbedingungen der unteren Führungsebene bei Jugendhilfeträgern näher an, ergeben sich zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den Einrichtungen. Das beginnt bereits bei der Begrifflichkeit, so ist von Teamleitungen, aber auch von Gruppenleitungen oder Teamkoordinationen die Rede. Zugleich existieren innerhalb der Träger teilweise auch wenig trennscharfe Abgrenzungen zu anderen Hierarchieebenen (Tetens 2020).

Das Projekt, das als Kooperation der Organisationsberaterin Christiane Schulten, des Hochschullehrers Prof. Dr. Jakob Tetens und des Evangelischen Erziehungsverband e.V. (EREV) durchgeführt wird, hat das Ziel, zum einen die Gründe für diese Vielfältigkeit der Teamleitungsmodelle zu erforschen und zum anderen Wirkfaktoren herauszuarbeiten, die die Arbeit einer Teamleitung in der Kinder- und Jugendhilfe unterstützen bzw. behindern. Dabei richtet sich die quantitative Befragung einer systemischen Perspektive folgend sowohl an die untere Führungsebene selbst (Teamleitungen, Gruppenleitungen etc.) als auch an die Ebene der Mitarbeitenden sowie die mittlere und obere Führungsebene (Bereichsleitung, Einrichtungsleitung, Geschäftsführung etc.) und kann auf diese Weise bestehende Daten zu dem Thema erweitern (Fleißer 2014; Balz 2013).

Konkret soll die Studie u.a. Antworten liefern auf diese Fragen: Welche Aufgaben haben Teamleitungen, und welche Ressourcen werden ihnen zur Erledigung dieser zur Verfügung gestellt? Ist die Arbeitsbelastung bei Teamleitungen aufgrund der Komplexität der Aufgaben sowie der Stellung zwischen der oberen Leitungsebene und den Mitarbeitenden möglicherweise besonders hoch? Was sind Voraussetzungen zur Übernahme der Funktion einer Teamleitung, und wie bewerten Teamleitungen die ihnen zur Verfügung gestellten Möglichkeiten zur Qualifizierung und Weiterbildung? Wie schätzen die Befragten die Idee selbstorganisierter Teams ohne explizite Leitung ein?
 
Antworten auf diese Fragen können Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgerinnen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe dabei helfen, differenzierter abzuwägen, welches Teamleitungsmodell vor dem Hintergrund der Bedarfe, der Struktur und den Ressourcen ihrer Einrichtung sinnvoll ist und was es bei anstehenden Veränderungen in der Leitungsstruktur zu bedenken gilt. Dies scheint nicht zuletzt auch mit Blick auf aktuelle und zukünftige Entwicklungen in der Arbeitswelt sinnvoll und notwendig – man denke an den Fachkräftemangel, veränderte Ansprüche der Generationen Y und Z, die Forderung nach mehr Agilität oder auch die Prämissen der sogenannten New Work (Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik 2023; Epe 2023; Erlinghagen 2020).

Für das Forschungsprojekt wurde ein zweiteiliger Aufbau gewählt: In einem ersten Schritt sollte eine breit angelegte Online-Befragung ein möglichst umfassendes Bild über Wirkfaktoren und Stolpersteine für Teamleitungen in der Kinder- und Jugendhilfe liefern. Die quantitative Befragung richtete sich, einer systemischen Perspektive folgend, sowohl an die untere Führungsebene selbst (hier wurde übergreifend der Begriff Teamleitung gewählt) als auch an die Ebene der Mitarbeitenden sowie die mittlere und obere Führungsebene (Bereichsleitung, Einrichtungsleitung, Geschäftsführung etc.). In einem zweiten Schritt wurden die quantitativen Befragungsergebnisse durch zehn vertiefende qualitative Leitfadeninterviews mit Vertreter:innen aller hierarchischen Ebenen ergänzt.

Literatur

Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik (2023): Kommentierte Daten der Kinder- und Jugendhilfe. Heft 3/2022. Technische Universität Dortmund.

Balz, H.-J. (2013): Teamleitung in der Kinder- und Jugendhilfe – Befragungsstudie zu gelingender Teamarbeit, beruflichen Herausforderungen und Handlungsstrategien. In: Evangelische Jugendhilfe 5/2013, S. 180-193

Epe, H. (2023): New Social Work, eine Zwischenbilanz – Part 1: Definition. Aufgerufen am 12.10.23 unter https://www.ideequadrat.org/new-social-work-definition-zwischenbilanz/
 
Erlinghagen, R. (2020): Überall Agilität. In: Evangelische Jugendhilfe 3/2020, S. 136-145
 
Fleißer, M. (2014): Führungshandeln in der Sozialen Arbeit - Eine qualitative Untersuchung in ausgewählten Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Tectum. 
 
Grothe, J. (2022): Leitung, Führung und Management in der Sozialen Arbeit - Bedeutungshorizonte und Konzepte auf dem Prüfstand. Beltz Juventa.
 
Tetens, Jakob (2020). Teamleitungen in der Jugendhilfe – Versuch einer Standortbestimmung. Evangelische Jugendhilfe 4/2020, S. 236-240